PM Abschiebung aus Chemnitz in die Diktatur Venezuelas

Am 31. Januar 2023 fand das erste Mal seit vier Jahren wieder eine Abschiebung von Sachsen nach Venezuela statt. Unter den Betroffenen war Renny G. aus Chemnitz, dessen hier lebende Familie versuchte vergeblich seine Abschiebung zu verhindern. Währenddessen ermittelt der internationale Strafgerichtshof gegen das venezolanische Regime wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ein über Jahre geltendes Tabu, nicht in das autoritär regierte Land abzuschieben, in dem Millionen Menschen von Hunger bedroht sind, wurde damit gebrochen.

Renny G. ist 24 Jahre alt und lebte seit 2021 in Deutschland, zuletzt mit seiner Partnerin und der pflegbedürftigen Tante in einer Chemnitzer Wohnung. Sein Asylantrag wurde im vergangenen Jahr als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. „Hier beginnt der eigentliche Skandal. Deutsche Behörden lehnen Menschen aus einem Land ab, indem die zweitgrößte Fluchtbewegung weltweit stattfindet, weil politische Unterdrückung und Hungerkrise stetig zunehmen“, urteilt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat. So hatten bereits Mitte 2022 über 6 Millionen Venezolanerinnen das Land verlassen. Auch ein Bericht der Vereinten Nationen berichtete unlängst über systematische staatliche Verfolgung sämtlicher Oppositioneller im Land.

„Gegenwärtig läuft eine Propaganda, die die Welt glauben machen soll, dass die Dinge in Venezuela gut laufen. Aber die Menschen im Land wissen, dass viele Staaten einzig wegen natürlichen Reichtümern wie Öl und Mineralien an den politischen Beziehungen zu Venezuela interessiert sind. Gerade nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine, wo viele Regierungen nach alternativen Rohstoffquellen suchen.“, erklärt Lorelvis Zavala von der Organisation Venezolanos en Sajonia.
Auch Zavala verurteilt die Abschiebung in Chemnitz: „Das Schlimme ist, dass dieser junge Mann niemanden in Venezuela hat, seine ganze Familie ist hier in Deutschland. Er ist ein junger Mann, der sich schnell integrierte und keine Vorstrafe besaß, die seine Abschiebung rechtfertigen könnte.“

Dennoch wird Renny G. abgeschoben, der sich bis zuletzt um seine schwerkranke Tante kümmerte. Im Eilantrag gegen die Abschiebung wurde den Behörden erklärt, dass seine tägliche Unterstützung für die Familienangehörige im Haushalt notwendig ist. Da sich die Tante jedoch im Krankenhaus aufhielt, lehnten diese den Antrag ab und erklärten zynisch, dass sie durch die stationäre Versorgung aktuell abgesichert sei. Auch verzweifelte Versuche der Mutter des Betroffenen, die bereits seit 2016 in Deutschland lebt, auf dem Polizeirevier Chemnitz mit den Beamt*innen zu sprechen waren ohne Erfolg und Renny G. wurde gegen Mittag zum Flughafen nach Frankfurt gefahren.

„Dass gerade aus dem Osten Deutschlands wieder in autoritär geführte Staaten abgeschoben wird, hat einen historisch bitteren Beigeschmack. Als wären die Verbrechen in der DDR vergessen, setzt man Menschen mit diesen Abschiebungen direkter Lebensgefahr aus“, so Schmidtke. Auch der internationale Strafgerichtshof ermittelt im Prozess gegen Maduro, der damit als erster Präsident Lateinamerikas in Den Haag angeklagt wird. Vorgeworfen werden ihm die häufige Anwendung „exzessiver Gewalt“ zur Auflösung von Demonstrationen sowie das Foltern und Hinrichten politisch Oppositioneller durch staatliche Sicherheitskräfte. Deswegen warnt Zavala: „Wir sind zutiefst besorgt über die Abschiebungen nach Venezuela. Die aktuelle Situation im Land wird immer kritischer. Wenn man dort nicht aus Mangel an Nahrung stirbt, dann aus Mangel an Medikamenten oder wegen der staatlichen Repression.“

Zur Info: Sachsen ist derzeit Hauptaufnahmeland von Geflüchteten aus Venezuela. Im vergangenen Jahr waren sie mit 1.249 Personen die zweitgrößte Gruppe aller Schutzsuchenden in Sachsen. Um ihnen eine Orientierung zur Aufenthaltssicherung in Deutschland zu bieten, haben wir wichtige Erstinformationen auf Spanisch gesammelt: Link zur Homepage

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