SFR Newsletter 18/2019 – Der ultimative Zahlennewsletter

#1wahlrechtfueralle! Mirna Ratz und Nada A. aus dem Landkreis Sächsische Schweiz / Osterzgebirge haben sich von der AG Asylsuchende interviewen lassen. Das vierte Video unserer Kampagne #1wahlrechtfueralle:

Alle Videos auf Vimeo, die Infos zu dieser Forderung in unserem Dossier.

Dezentrale Unterbringungsquote. Wie viele Menschen im Asylverfahren leben in Wohnungen? Das fragt MdL Juliane Nagel halbjährlich ab und erneut ist festzustellen: Bautzen verliert mal wieder. Zwar konnte der Landkreis seine Unterbringungsquote auf inzwischen 36 Prozent steigern, von Platz 13 ist er jedoch immer noch nicht weg. Auch im Landkreis Görlitz, ganz im Osten Sachsen verharrt man nun seit über zweieinhalb Jahren bei knapp 40 Prozent. Auffallend der Landkreis Leipzig, der nach einem kurzen Einbruch in 2018 um 10 Prozent wieder auf sein bisheriges Niveau bei um die 50 Prozent zurückgekehrt ist. Die Stadt Dresden liegt bei über 70 Prozent über dem selbst gesteckten Ziel von dezentraler Unterbringung von zwei Dritteln der Menschen  im Asylverfahren und überholt die Stadt Leipzig (49 Prozent) damit deutlich. Jedoch mit unehrlichen Mitteln. Aneinander sich fremde Männer, die gemeinsam in einer WG wohnen müssen – selbstbestimmtes Wohnen geht anders. So lässt sich die künstlich hoch gerechnete Unterbringungsquote erklären. Vorbildlichst im dezentralen Unterbringen: der Vogtlandkreis. Konstant bei über 90 Prozent seit zweieinhalb Jahren.

Dezentrale Unterbringungsquote von 2016 bis 1. Halbjahr 2019 / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

Ein genauerer Blick in die Kleine Anfrage lohnt übrigens. Vor allem auf Frage 4. Da wird abgefragt, wie viele Menschen mit Schutzstatus (Asyl, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz) noch in den Gemeinschaftsunterkünften leben. In Leipzig sind das Ganze 718 Personen, 34,97 Prozent der zentral Untergebrachten. Der angespannte Wohnungsmarkt der Stadt trifft eine Vielzahl von Personengruppen – auch Geflüchtete, bei denen tatsächlich geklärt ist, dass sie lange bleiben werden und die schnellstens in eine eigene Wohnung ziehen sollten um endlich ankommen zu können. Warum der Landkreis Nordsachsen ebenso 160 Menschen mit Anerkennung nicht unterbringen kann, ganze 37,38 Prozent, zentral Untergebrachten, ist nicht nachvollziehbar. Selbiges gilt klar für alle Landkreise, die es nicht schaffen, überhaupt alle Menschen dezentral unterzubringen. Im ländlichen Raum wohl eine zu bewältigende Aufgabe.

 

Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen – 25 (5). Immer wieder spannend sind die Unterschiede in der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wegen unmöglicher Abschiebung oder dem, was weitläufig Integration genannt wird. Der § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes soll Kettenduldungen vermeiden und, wenn die Abschiebung einfach nicht durchführbar ist, den Aufenthalt erlauben. Die Stadt Leipzig sticht auch in diesem Halbjahr deutlich hervor (Achtung! Die Angaben für die anderen Jahre beziehen sich auf zwölf Monate, 2019 sind nur sechs!!). In Dresden ist der 25 (5) offenbar nicht so wohlgelitten. In den Landkreisen ist es vor allem Zwickau, bei dem gute Chancen bestehen. Verloren haben definitiv Chemnitz und, wenn überrascht es, Bautzen.

 

Erteilung 25 (5) 2015 – 1. Halbjahr 2019 / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

Gern würden wir auch relative Zahlen angeben und so eine Vergleichbarkeit herstellen können. Denn die Aussage „In Zwickau werden mehr Aufenthaltserlaubnisse erteilt als in Görlitz.“ ist nicht korrekt. Leider können wir das aber nicht berechnen, weil einige Ausländerbehörden keine Angaben machen. Unsere diesjährige Shortlist der Intransparenz, weil es keine Angaben zu den beantragten (nicht erteilten) Aufenthaltserlaubnissen gibt: Chemnitz (ganz oft, auch bei anderen Anfragen! Uncool, Chemnitz, echt), Leipzig, Mittelsachsen).

 

Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen – 25a und 25b. Auch hier stellen wir fest: Leipzig wieder ganz groß, in den Landkreisen ist es vor allem Leipzig, der sich mit einer Kontinuität von anderthalb Jahren damit bemerkbar macht, das was Integration genannt wird, auch juristisch anzuerkennen. Ansonsten geben die Zahlen aber vor allem eines wieder: die Voraussetzungen für beide Aufenthaltserlaubnisse sind zu hoch. Alle Zahlen zu den §§ 25 (5) und 25a und 25b hier in der Anfrage.

 

 

Erteilung 25 a 2015 – 1. Halbjahr 2019 / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

Erteilung 25 b 2015 – 1. Halbjahr 2019 / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

Kinder und Jugendliche in Erstaufnahmeeinrichtungen. Konstant über 400 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 befinden sich in den Erstaufnahmeeinrichtungen (schwarzer Graph). Auch die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen (6-18 Monate) bewegen sich bei über 200 Personen (grauer Graph). Was abgenommen hat, ist die Zahl derer, die schulpflichtig sind und länger als drei Monate in den Lagern leben müssen. Waren es im Februar noch mehr als die Hälfte der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, so ist es nun jedes Dritte, was wider der EU-Aufnahmerichtlinie nicht regulär die Schule besuchen darf. Es bleibt dabei: das ist zuviel! Das von uns als Lagerschule kritisierte Lernangebot soll nach Information der Sächsischen Zeitung im Übrigen mit dem neuen Schuljahr starten.

 

Kinder und Jugendliche in Erstaufnahmeeinrichtungen entlang der Drei-Monats-Grenze / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

 

 

Kinder und Jugendliche in Erstaufnahmeeinrichtungen nach 3,6,12 Monaten / Zum Vergrößern klicken

 

 

 

 

 

 

 

Integrationsgeschichten. Wanderausstellung der Arbeitsmarktmentoren Sachsen eröffnet. Die nachhaltige berufliche Integration geflüchteter Menschen ist zentrales Ziel der Arbeitsmarktmentoren Sachsen. Einige der Erfolgsgeschichten werden gegenwärtig im Rahmen einer Wanderausstellung präsentiert. Am 05. August 2019 wurde die Wanderausstellung der Arbeitsmarktmentoren Sachsen feierlich im Rathaus Pirna eröffnet. Die Grußworte sprachen der Pirnaer Oberbürgermeister Klaus Peter Hanke und der Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Stefan Brangs. Mehr als 70 Gäste besuchten die Eröffnung und nutzten die Zeit nach einer anregenden Podiumsdiskussion für Gespräche und Rundgänge durch die Ausstellung. Besonders erfreulich war, dass neben zahlreichen Kolleg*innen auch eine Vielzahl von in der Wanderausstellung gezeigten Arbeitgebenden und Geflüchteten die Gelegenheit für einen Besuch wahrnahmen. Die Ausstellung ist im August in Pirna zu sehen, danach im Vogtland, in Zwickau und im Januar 2020 in Dresden. Interessierte können die Wanderausstellung für 2020 über die fachlich-inhaltliche Programmbegleitung der Arbeitsmarktmentoren im Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. buchen: https://arbeitsmarktmentoren-sachsen.de/

 

Bericht von We’ll Come United aus Bautzen. Sachbearbeiter*innen, die akribisch einzelne Betroffene verfolgen, rassistische Security, Ermessensspielräume, die immer wieder zum Nachteil der Betroffenen ausgelegt werden – das berichteten Geflüchtete den Leuten von We’ll Come United vergangenes Wochenende in Bautzen. Der Bericht auf Facebook.

 

Veröffentlichung. Das Genderkompetenz Zentrum Sachsen hat eine Broschüre veröffentlicht, welche übersichtlich Beratungen, Sprachkurse und Freizeitangebote für geflüchtete Frauen* in Dresden auflistet.

Stellenausschreibung. Zwei Stellen wichtige Stellen in Leipzig ausgeschrieben! Der Stadtrat Leipzig stellte zusätzliche Mittel bereit sodass der Clearingstelle und Anonymen Behandlungsschein Leipzig e.V. ab September 2019 starten kann. Ein*e Projektkoordinator*in und ein*e Sozialarbeiter*in werden gesucht. Er soll als niedrigschwellige, anonyme Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung (EU- und nicht-EU-Bürger*innen, Illegalisierte, Deutsche ohne Krankenversicherung) dienen und ihnen Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen sowie Hilfe bei der längerfristigen Eingliederung ins Gesundheitssystem leisten.Die Planung von CABL e.V. wurde vor allem von Mitgliedern des Medinetz Leipzig e.V. durchgeführt, die sich davon erhoffen, die bisherige Lücke im Gesundheitssystem sowie die Verantwortung dafür ins Bewusstsein der Stadtpolitik zu setzen und einer Struktur zu schaffen, die dieses Problem professioneller und umfassender angehender kann, als die rein ehrenamtliche und spendenfinanzierte Arbeit des Medinetz bisher. Bewerbungsfrist ist der 30. August 2019.

Sommer der Solidarität – Wir sind #wannwennnichtjetzt #unteilbar!

Am 24. August startet die bundesweite Großdemo in Dresden! Alle Infos auf der Website von #unteilbar.

Und auch in den kleineren Städten Sachsens wird für den Sommer der Solidarität demonstriert und zwar mit Konzerten. #wannwennnichtjetzt heißt es bei den noch kommenden Konzerten am 10. August in Plauen (wir mit Infostand dabei!) und am 30. und 31. August in Grimma. Alle Infos auf der Website von #wannwennnichtjetzt.

 

Termine

Das Leben Geflüchteter in der Türkei erhält soeben wieder erneute Aufmerksamkeit. In den angedrohten Abschiebungen aus der Region Istanbul in andere Teile des Landes spiegelt sich die zunehmende Ablehnung einer Mehrheitsgesellschaft gegen Schutzsuchende (hier ein Bericht von HarekAct, einer Initiative, die über das Grenzregime der EU und der Türkei berichtet). In Izmir wiederum ist das Wothouq entstanden, ein Legal & Community Center,  welches zum Ziel hat, weiblichen* Geflüchteten und Migrantinnen durch rechtliche, soziale und psychologische Unterstützung in der Durchsetzung, dem Schutz und der Wahrnehmung ihrer Rechte zu assistieren. Dieses Projekt wird beim Vortrag des Netzwerks Asyl, Migration und Flucht heuteim Malobeo auf der Kamenzer Straße 38 in Dresden vorgestellt und in den Kontext der politischen Großwetterlage in der Türkei gesetzt. 19 Uhr ist Beginn.

Die Abschiebung eines jungen Mannes nach Spanien aus Leipzig vom 09. Juli erregte Protest und einige Diskussion. Morgen wird auf der Eisenbahnstraße/ Hildegardstraße ein KiezTreff abgehalten, um „über mögliche und existierende Formen des Zusammenhalts im Viertel zu sprechen. Lokale Solidarität ist praktische Solidarität, hingehen, wichtig! Facebook-Event hier.

Empowermentworkshop! Vom 16. bis 18. August in Bautzen für Schwarze Menschen, People of Color, rassismuserfahrene Menschen. Ständig mit Rassismus konfrontiert werden, lernen mit Alltagsrassismus umzugehen, bewusst gegen Ausgrenzung äußern, aktiv werden, aber noch nicht genau wissen, wie – das sind die Themen, die die Veranstalter*innen von der LAG pokubi vom Freitag dem 16. bis Sonntag dem 18. August mit den Teilnehmer*innen angehen werden. Beginn ist Freitag 10 Uhr, Ende am Sonntag um 16 Uhr im Bischof-Benno-Haus, Schmochtitz 1 in Bautzen. Alle Infos hier.

Am 31. August wird bundesweit zur Großdemo in Büren, nahe Paderborn mobilisiert. Warum dahin? Dort steht der größte Abschiebeknast Deutschlands. Das FB-Event findet ihr hier, alle Infos zur gemeinsamen Anreise aus Sachsen folgen. Haltet euch den Termin frei! Beantragt gegebenenfalls schon mal Briefwahl!

Am 06. September laden die Landesärztekammer, die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. und wir zum gemeinsamen Fachtag „Hilfe ohne Wenn und Aber! Psychosoziale, medizinische und rechtliche Betreuung von Geflüchteten und Migrant*innen“. Ein spannendes Programm erwartet euch in den Räumen der Landesärztekammer auf der Schützenhöhe 16 in Dresden. Den gesamten Flyer mit Anmeldemöglichkeiten findet ihr hier.

Am 07. September startet unser Sommerfest in Chemnitz, welches wir mit dem Haus Arthur veranstalten! Letztes Jahr wegen Mob und Hetzjagden abgesagt, starten wir diesmal voll durch und zwar mit der Selam Band, – Geflüchtete aus Eritrea legen los – und SKRAB – unserem locker-lässigen ehemaligen Mitarbeiter, den wir an den Rap verloren haben. Es gibt äthiopischen Kaffee, Beatboxing, einen Zauberer für die Kleinen und vieles mehr. Bleibt informiert zum Programm, unter anderem in unserem FB-Event. Ab 15 Uhr freuen wir uns auf euch im Haus Arthur.

Erfolgreich zu einer Veranstaltung symbiosiert haben sich der Ausländerrat Dresden e.V., der BumF  – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. und wir, der SFR. Am 09. September heißt es in den Räumen des Ausländerrats auf der Heinrich-Zille-Straße 6 in Dresden: „Alles neu?! Aktuelle Gesetzesänderungen und ihre Folgen. Asylantragstellung, Ausbildungsduldung, Niederlassungserlaubnis, Widerrufsverfahren“. Der Rechtsanwalt Dr. Stephan Hocks wird von 9 bis 17.30 Uhr umfassend zu Ausbildungsduldung, Asylantragstellung und weiterem informieren. Anmeldung auf der Website des BumF.

Mehrere Wohlfahrtsverbände laden zum verbandsübergreifenden Asylverfahrensworkshop vom 09. bis 10. September in Göttingen. Zielgruppe sind Menschen, die sich in der Beratung bereits auskennen. Schwerpunkt sind die neuerlichen Asylrechtsverschärfungen. Anmeldefrist ist der 16. August. Alle Infos hier.

Am 11. September lädt die Aktion Zivilcourage e.V. zum Fachtag „Starke Frauen – Frauen stärken“. Schwerpunkt ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Frauen und Migrant*innen. Alle Infos und Anmeldung hier.

Klasse Forschung wird an der TU Chemnitz zu Flucht und Asyl, unter anderem am Lehrstuhl für Humangeographie mit dem Schwerpunkt Europäische Migrationsforschung von Prof. Dr. Birgit Glorius betrieben. Vom 01. bis 02. Oktober wird die Uni Chemnitz in Kooperation mit den Universitäten Sussex, Amsterdam, Luxemburg und weiteren Forschungsinstituten ihre internationale Konferenz zum Titel „Refuge Europe – A Question of Solidarity?“ abhalten. Ein spannendes Programm zu einer der wichtigsten Fragen unserer Zeit. Anmeldung und weitere Infos hier.

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